mehrere aufschlussreiche Artikel zum Thema
EINE BARGELDLOSE WELT MÜSSTEN DIE VERBRAUCHER TEUER BEZAHLEN
Ein Artikel von Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale
- Virtuelles Geld ist nicht per se sicherer und suggeriert Verfügbarkeit
- Das Bezahlen mit Bargeld schützt vor unerwünschten Datenspuren
- Verbraucher sollten selbst entscheiden dürfen, wie sie zahlen wollen
„Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient“, sagte John Cryan, Co-Vorstandvorsitzender der Deutschen Bank, jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos – und prophezeite das Ende von Münzen und Scheinen schon in zehn Jahren. Auch Obergrenzen für Bargeschäfte sind immer wieder in der Diskussion. Die Bunderegierung denkt laut aktuellen Medienberichten über ein Limit von 5000 Euro nach.
Bargeldloses Einkaufen mag für viele einfach und komfortabel sein. Doch der Preis für eine Welt ohne Bargeld ist hoch. Verbraucher müssten teuer dafür bezahlen – aus mehreren Gründen.
Bargeld sichert Anonymität
Wer unbar, also auf elektronischem oder digitalem Wege zahlt, hinterlässt Datenspuren. Einkaufspreis, Anbieter, Ort: Die Informationen lassen mehr Rückschlüsse zu, als vielen Verbrauchern bewusst und lieb sein dürfte. Was aber passiert mit den Datenmengen? Wie gut sind sie vor Missbrauch geschützt? Fragen, auf die es bislang keine verlässlichen Antworten gibt. Ein wichtiger Vorteil von Bargeld: Verbraucher können anonym bleiben.
Bargeld als analoge Alternative
Zwar ist Bargeld nicht ohne Risiko. Es kann gestohlen werden oder verloren gehen. Doch auch bargeldlose Alternativen sind keineswegs sicher. Immer wieder finden Kriminelle zum Beispiel beim Online-Banking neue Sicherheitslücken. Gefahren drohen auch bei neuen digitalen Technologien, etwa dem Mobile Payment per Smartphone, wenn sich Hacker Zugang zu den Daten verschaffen. Eine Welt ohne Bargeld ist nicht per se sicherer.
Bargeld schafft Transparenz
Unbares Bezahlen beinhaltet das Risiko, Geld auszugeben, das man gar nicht hat. Virtuelles Geld suggeriert ständige Verfügbarkeit. Auf Kredit lässt sich leicht und schnell einkaufen – und das kann den Weg in die Verschuldung ebnen. Für viele Verbraucher mag es kein Problem sein, den Überblick über Kontostand und Kredite zu behalten. Anderen geben aber gerade echte Scheine und Münzen die Sicherheit, um ordentlich zu haushalten. Viele Verbraucher haben so ihre tatsächlichen finanziellen Mittel besser im Blick.
Bargeld schützt vor negativen Zinsen
Liegt zu viel virtuelles Geld auf den Konten, führt das zudem zu bedenklichen Ideen: So diskutieren Ökonomen, wie sich allzu sparfreudige Verbraucher durch negative Zinsen – letztlich eine Art Strafzins fürs Sparen – zum Konsumieren bewegen lassen. Auf diese Weise könnten Zentralbanken und Politik einen erheblichen Einfluss auf unser Alltagsleben und unsere Ersparnisse gewinnen. Bargeld schützt somit vor der Einführung negativer Zinsen. Und für die Deutschen ist Bares nach wie vor Wahres: Über 50 Prozent des Gesamtumsatzes im Einzelhandel werden bar bezahlt.
Bargeld hilft finanziell Schwachen
Nicht zuletzt hilft Bargeld finanziell schwachen Menschen, die auf kleine Spenden in Form von Münzen und Scheinen angewiesen sind. In einer Welt ohne Bargeld würden solche Spenden der Vergangenheit angehören müssen.
Klar ist: Viele gute Gründe sprechen für das Bargeld, genauso wie es gute Gründe für bargeldlose Alternativen gibt. Ob klassisches Portemonnaie oder digitales Wallet – welche Geldbörse sie wann nutzen, das sollten Verbraucher selbst entscheiden können. Sie müssen wählen können. Die Abschaffung des Bargelds würde sie dieser Möglichkeit berauben – ein zu hoher Preis.
Veröffentlicht: Sonntag, 31. Januar, 23:30
Gefunden auf: https://www.xing.com/news/klartext
Siehe zu diesem Thema auch: https://www.klagemauer.tv mit weiteren interessanten Informationen.
Umfrage zum Bargeldgebrauch in Deutschland: http://de.slideshare.net
DIE BEGRENZUNGEN SIND EIN KRISENSYMPTOM DER WÄHRUNGSPOLITIK
von Roland Tichy, Herausgeber von XING News
- Die Negativzinsen sollen massiv ausgeweitet werden
- Die Kosten der Bargeldhaltung würden zudem steigen
- Die Verfügbarkeit würde zukünftig der Staat regeln
Dem Bargeld geht es langsam, aber sicher an den Kragen: Die Europäische Zentralbank (EZB) will den 500-Euro-Schein abschaffen. Gleichzeitig sollen zukünftige Barzahlungen nur bis zu einer Höchstgrenze von 5000 Euro erlaubt sein – das fordern Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Teile der SPD.
Bargeld und große Scheine würden von der Mafia und internationalen Terroristen zur Geldwäsche benutzt, heißt es. Wenn das stimmt wäre Griechenland das Land der Betrüger und der Mafia – in keinem anderen Land ist so viel Bargeld unterwegs. Nun sind die Griechen keinesfalls alle Mafiosi. Die Entwicklung zeigt vielmehr: Beim derzeitigen Feldzug gegen das Bargeld geht es um die elementare Krise des Euro und das wachsende Misstrauen der Bürger in die gemeinsame europäische Währung.
Eine geldpolitische Zwangsmaßnahme
Bekanntlich pumpt die Europäische Zentralbank 1,4 Billionen Euro in den Geldkreislauf, um die Wirtschaft im lahmenden Europa anzukurbeln. Trotzdem schrumpft die Kreditvergabe an Unternehmen. Die nächste Rezession droht. Das ist ein ernüchterndes Ergebnis: Monat für Monat kauft die EZB für 60 Milliarden Euro Anleihen, um Geld in die Märkte zu drücken – aber es kommt nicht bei den Kreditsachbearbeitern an.
Viele Ökonomen wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Kenneth Rogoff oder der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger empfehlen daher die nächste Stufe geldpolitischen Zwangsmaßnahmen: Die Negativzinsen auszuweiten. Die Hoffnung: Wenn wir alle auf unsere Sparvermögen negative Zinsen bezahlen, dann werden wir lieber Überflüssiges kaufen, als zuschauen, wie das Geld schmilzt – und die Nachfrage steigt.
Negativzinsen für Alle
Schon heute zahlen Banken für ihre Guthaben bei der EZB Strafzinsen von 0,3 Prozent. Das versucht jetzt die Commerzbank auf ihre Kunden abzuwälzen. Sie will zukünftig „Gebühren“ für über 100 000 mittelständische Unternehmen einführen, die dort Geld auf ihrem Dispokonto haben. Es ist eine Abschreckungspolitik. Früher wollten die Banken unser Geld. Wer heute Geld mitbringt, wird dafür bestraft. Wird diese Politik ausgeweitet und deshalb die Bargeldbeschränkung umgesetzt? Das ist aber nicht so einfach. Banken und Unternehmer versuchen, sich dem Schmelz-Euro zu entziehen. Sie legen lieber 500er-Scheine in den Tresor, statt es bei der EZB schmelzen zu lassen.
Wird der große Schein abgeschafft, steigen die Kosten der Bargeldhaltung, denn natürlich ist es teurer, große Summen in kleinen Scheinen zu bunkern. Der frühere Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat vorgerechnet, dass die EZB nach der Abschaffung der 500-Euro-Scheine den Strafzins rechnerisch auf das Zweieinhalbfache, also auf 0,75 Prozent erhöhen könnte.
Die Entwertung des Geldes
Die Folgen dieses Vorgehens wären allerdings massiv: Unser Geld wird immer weniger wert. Nein, nicht wegen der Kaufkraft – es geht um die Verfügbarkeit. Wenn Geld erst auf dem Konto liegt, können Bank und Regierung entscheiden, wie viel noch ausbezahlt wird. Beispiel? Griechenland im vergangenen Sommer. Monatelang waren nur noch 50 Euro am Tag aus dem Geldautomaten erlaubt, danach kam nur noch leises Summen, aber kein Geld. Die Griechen reagierten nach der Krise auf ihre Weise: So erhöhte sich die Bargeldsumme von ursprünglich 30 auf über 50 Milliarden Euro – und der größte Teil davon in 500-Euro-Scheinen. Die Flucht in den 500er folgt der Angst, irgendwann nicht mehr über das Konto verfügen zu können – oder wie in Zypern mit Strafsteuern belegt zu werden. Denn klar ist: „Bank-Geld“ ist weniger wert als „Bar-Geld“, weil die Entscheidung darüber, ob man überhaupt darüber verfügen kann, verlagert wird – auf den Staat.
So zeigt sich: Die drohende Begrenzung des Bargelds ist auch ein Krisensymptom der Währungspolitik.
Darum zahle ich jetzt wieder häufiger mit Bargeld
- Die Forderungen nach einer Abschaffung sind populär
- Doch damit droht uns eine digitale Totalüberwachung
- Bargeld ist deswegen eine Manifestation der Freiheit
Cash ist King, Bargeld lacht, nur Bares ist Wahres – der Volksmund liebt Bargeld. Doch es hat viele Feinde: Banken, den Staat, die Wirtschaftspolitik. Die Frage, ob das Bargeld abgeschafft wird, wird leidenschaftlich und kontrovers diskutiert. Nachdem der Wirtschaftsweise Peter Bofinger im Sommer 2015 für die Bargeldabschaffung eingetreten war, hagelte es Drohungen, die Polizeischutz erforderlich machten. Norbert Walter-Borjans, der Finanzminister von NRW, machte ähnliche Erfahrungen – und schweigt seither zum Thema. Der Chef der Deutschen Bank, John Cryan, hat die schlummernde Debatte wieder eröffnet. Seine These: Bargeld werde in den nächsten zehn Jahren verschwinden. Denn: „Cash ist fürchterlich teuer und ineffizient.“
Es war übrigens der Morgen des Tages, an dem Cryan später den gewaltigen Verlust von 6,7 Milliarden Euro seiner Bank eingestehen musste. Ob das Bargeld früher stirbt oder doch die Bank?
Noch lebt das Bargeld
Die Menschen in Deutschland zahlen nach wie vor überwiegend bar: Bei 79 Prozent der Transaktionen, wie die Bundesbank 2014 errechnet hat. Deshalb will Bundesbankpräsident Weidmann daran festhalten. Gut die Hälfte (53 Prozent) der Umsätze im Einzelhandel werden mit Bargeld abgewickelt. Teuer und ineffizient ist das Bargeld vor allem für Banken, die sich gerne Kassen, Geldautomaten und Geldtransporte sparen würden. Denn derzeitig liegen diese Kosten fast ausschließlich bei den Banken – nicht bei den Konsumenten. Bargeldloser Zahlungsverkehr hingegen dreht diese Regel um: Für jede bargeldlose Transaktion werden Kosten auf den Handel und Konsumenten umgelegt – bargeldloser Zahlungsverkehr ist eine gewaltige Cash-Maschine für den Bankenapparat. Und jede Innovation erfordert zunächst neue Investitionen in Geräte und Abrechnungsnetze.
Die Politik bezieht deutlich Stellung
Die größten Feinde des Bargelds sind jedoch in der Politik anzutreffen. Die SPD will erst mal die 500-Euro-Note abschaffen und Höchstgrenzen für Barbezahlungen einführen. Deren Sprecher Jens Zimmermann sagte dazu: „Der 500-Euro-Schein spielt in kriminellen und halbseidenen Milieus eine große Rolle“. Es ist eine Pauschalverdächtigung – wer will sich schon mit kriminellen und halbseidenen Milieus identifizieren? Doch was ist mit 200-Euro-Scheinen, was ist mit den beliebten 100- und 50-Euro-Scheinen? Auch mit diesen werden Drogen gekauft, Menschenhandel finanziert und Beamte geschmiert. Und wirklich neue elektronische Geldformen wie BitCoins entziehen sich ohnehin dem Zugriff.
Es ist absurd zu glauben, dass mit dem Bargeld auch das Böse verschwindet.
Der Bürger wird endgültig gläsern
Vielmehr geht es um die Totalüberwachung des Bürgers. Jede bargeldlose Transaktion hinterlässt elektronische Spuren, die ermöglichen, jede kleinste Lebensäußerung nachzuvollziehen und zu bewerten: Wer Zigaretten kauft oder fettiges Essen erhält einen Eintrag bei der Krankenkasse und zahlt zukünftig einen Gesundheitszuschlag. Big Data macht es möglich – und es ist ein Treppenwitz, dass die, die hinter jeder Suchanfrage bei Google eine Weltverschwörung vermuten ihrerseits den total überwachten Bürger erzwingen wollen.
Die Abschaffung des Bargeldes würde weitere Manipulationsmöglichkeiten eröffnen.
So geht es auch um die Durchsetzung der Null-Zinspolitik, mit der die Wirtschaft angekurbelt werden soll. Denn Strafzinsen für private Guthaben und Ersparnisse scheitern am Bargeld: Wer damit rechnen muss, dass sein Erspartes bei der Bank zwangsweise schmilzt, wird es unter der Matratze verstecken – und die neo-keynesianische Geldpolitik der Wachstumsanreize durch Zwang zum Sofortkonsum scheitert.
Das Bargeld hat also viele Feinde. Dabei ist die Gesetzeslage eindeutig: Nach dem Bundesbankgesetz sind nur Scheine (nicht Münzen) gesetzliches, also vollwertiges Zahlungsmittel. Alles andere ist nur Ersatz. Daher kann jeder Gläubiger Kreditkarten, Überweisung, oder Schecks ablehnen und auf Bares bestehen. Aber selbst das Gesetz wird ausgehebelt – vom Staat. Versuchen Sie mal, Ihre Lohn-oder Einkommenssteuer bar zu begleichen: Es ist fast unmöglich.
Übrigens – seit ich mich mit diesem Thema beschäftige zahle ich wieder häufiger Cash – als kleine, alltäglich Demonstration des Freiheitswillens.
Und wie gehen Sie damit um?
Veröffentlicht am Sonntag, 31.1.2016
Gefunden auf: https://www.xing.com/news/klartext