LULU – ZWEI GESCHICHTENBÜCHER von Louise L. Hay
Lulu und die kleine Ameise & Lulu und die Ente Willy – empfehlenswert!
LULU UND DIE ENTE WILLY
KEINER MAG MICH
Je näher sie dem Teich kamen, desto lauter wurde das Weinen. »Wääh! Wääh!« Lulu lauschte aufmerksam und ging zu einer Stelle mit hohem Gras. Herr Frosch hüpfte neben ihr her.
Beide streckten vorsichtig den Kopf zwischen die langen Grashalme, und da saß ein gelbes Entenküken, das sich die Augen ausweinte. »Wääh! Ich Ärmster!«, jammerte das Entchen.
Lulu legte ihm die Hand auf den Kopf und streichelte es sanft. »Warum weinst du denn?«, wollte sie wissen.
Der kleine Kerl hob den Kopf. »Ach, keiner mag mich – gar keiner«, schluchzte er.
»Keiner?«, fragte der Frosch. »Das klingt ja wirklich bedenklich.«
Lulu streichelte weiter das Entenküken. »Also, ich mag dich. Wie heißt du denn?«
Das Entchen blickte auf und wischte sich die Tränen ab. »Ich heiße Willy.«
»Nun, ich heiße Lulu, und das ist Herr Frosch. Vielleicht können wir dir helfen?«, bot Lulu ihm an. »Warum glaubst du denn, dass keiner dich mag?«
BRING MICH ZUM ZAUBERSPIEGEL
»Siehst du«, warf Lulu ein. »Es gibt so viel Gutes über dich zu sagen. Du hast es selbst nur noch gar nicht bemerkt. Weißt du, was ich mache, wenn ich mich schlecht fühle?«
»Was?«, wollte Willy wissen.
»In meinem Zimmer habe ich einen Spiegel, den nenne ich meinen Zauberspiegel. In diesem Spiegel wohnt meine allerbeste Freundin. Sie ist immer für mich da, und wenn mal etwas schief geht, sorgt sie dafür, dass ich mich besser fühle. Und ich sorge dafür, dass sie sich besser fühlt.«
»Ich habe aber keinen Zauberspiegel«, sagte Willy.
Lulu beugte sich ganz dicht zu dem Entenküken vor. »Ich kann dich zu meinem Spiegel bringen. Dein allerbester Freund wohnt auch da drin.«
Willy wurde ganz aufgeregt! »Oh ja, bitte bring mich zu deinem Zauberspiegel!«, quietschte er begeistert.
»In Ordnung«, entgegnete Lulu. »Komm mit. Wollen Sie uns nicht begleiten, Herr Frosch?«
Herr Frosch warf einen Blick zum Teich. »Ich bleibe lieber hier und schwimme eine Runde«, sagte er. »Es geht doch nichts über ein herrliches Bad am Morgen. Das bringt einen so richtig in Schwung, wisst ihr?«
Und plitsch platsch war er weg.
DU SCHAFFST ES!
Lulu und Willy gingen zurück zum Haus. »Weißt du, Willy«, begann Lulu, »was du über dich selbst denkst, wird nämlich wahr. Daher solltest du besser nicht schlecht über dich denken.«
»Du meinst, ich bin dumm und tollpatschig, weil ich glaube, dass ich dumm und tollpatschig bin?«, fragte Willy.
»Natürlich«, antwortete Lulu. »In der Schule habe ich mal an einem Wettlauf teilgenommen, und ich war ganz sicher, dass ich nicht gewinnen würde. Ständig habe ich mir gesagt: ›Ach, Lulu, du wirst ja doch nicht gewinnen‹, und dreimal darfst du raten, was geschah …«
»Du hast nicht gewonnen?«, riet Willy.
»Genau! Also beschloss ich beim nächsten Mal, mir ständig zu sagen: ›Du schaffst es! Du schaffst es!‹, und was meinst du wohl, was passiert ist?«
»Du hast gewonnen!«, platzte Willy heraus.
»Ja!«, sagte Lulu. »Das hat echt alles verändert.«
LULU UND DIE KLEINE AMEISE
An einem faulen Nachmittag lag Lulu auf der Wiese im Garten und sah zu, wie die Wolken vorbeischwebten. Sie machte ein Spiel daraus, sich vorzustellen, dass die Wolken in Wahrheit ein Zirkus waren, der langsam über ihr vorbeizog. Sie konnte einen Elefanten erkennen, einen Tiger und einen Clown … und sogar eine wunderschöne Frau auf einem fliegenden Trapez. Sie hatte eine herrliche Zeit, als sie plötzlich spürte, dass etwas auf ihrem Arm herumkrabbelte. Sie blickte hin, und es war eine Ameise.
Lächelnd sagte Lulu: »Oh, es ist nur eine kleine Ameise.«
Als die Ameise das hörte, stemmte sie zornig ihre winzig kleinen Arme in die Taille und erwiderte patzig: »Pfff! Na, und du bist nur ein kleines Mädchen!«
Lulu taten ihre Worte leid, und sie entschuldigte sich. »Verzeih mir, kleine Ameise. So habe ich es nicht gemeint. Bestimmt bist du eine sehr bedeutende Ameise.«
»Ach, schon gut«, entgegnete die Ameise. »Die Menschen glauben immer, wir sind alle gleich. Ich hab’s einfach nur satt, das ständig zu hören.«
DAS LIED, DAS SIE STÄNDIG SINGEN
Für Lulu war der Stein sehr, sehr klein. Eigentlich war es eher ein großes Sandkorn. Behutsam nahm sie den Stein zwischen zwei Finger und hob ihn dorthin, wohin er sollte. Die Ameise war ganz außer sich vor Freude.
»Du würdest eine wundervolle Ameise abgeben!«, jubelte sie. »Möchtest du nicht mitkommen und bei uns leben? Also, wenn du mit uns arbeiten würdest, hätten wir unsere Stadt in null Komma nichts fertig!«
Lulu lächelte die Ameise an. »Ich fürchte, ich würde in eure Stadt nicht hineinpassen. Sie ist so viel kleiner als ich. Ich könnte einfach keine Ameise sein.«
Die kleine Ameise sah verdutzt aus. »Aber warum denn nicht?«, fragte sie. »In meiner Stadt gibt es ein kleines Lied, das wir ständig singen. Es geht so:
Du kannst sein, was du willst,
du kannst tun, was du willst,
du kannst sein, was du willst,
das ganze Leben unterstützt dich.«
»Das ist aber ein komisches kleines Lied«, kicherte Lulu. »Was soll das denn heißen?«
»Das heißt, auch wenn wir uns alle voneinander unterscheiden, haben wir doch jeder die Kraft in uns, ganz wundervolle Dinge mit unserem Leben zu machen«, erklärte die kleine Ameise. »Du kannst tun, was du willst. Nichts kann dich aufhalten.«
LIEBE LESERINNEN UND LESER,
vor einiger Zeit erhielt ich ein Schreiben einer Erwachsenen, die mich wissen ließ, wie hilfreich die Lulu-Bücher für sie als Kind waren. Sie gaben ihr den Anstoß zur Entwicklung eines Selbstwertgefühls und von Selbstachtung.
Natürlich war das genau mein Ansatz gewesen, als ich Lulus Abenteuer vor vielen Jahren in den USA erfand, damals noch als schwarzweiß gezeichnete Ausmalbücher. Die Lulu in den Geschichten war das kleine Mädchen, das ich als Kind gern sein wollte – mit langen blonden Haaren, selbstbewusst, hilfsbereit und jederzeit begierig zu lernen.
Dan Olmos, der Zeichner J. J. Smith-Moore und der Musiker Randall Leonard halfen mir bei der Entwicklung der Lulu-Reihe, mit der ich die Kinder in ihre Kraft bringen wollte. Sie sollte schließlich drei Bände umfassen. Ich sprach die Geschichten sogar auf Hörkassette, als sie erschienen. Später brachte mein Verlag Hay House die Ausmalbücher als koloriertes Kinderbuch gesammelt heraus, und jetzt hat mir der AMRA Verlag vorgeschlagen, sie alle drei von einer talentierten deutschen Künstlerin nach dem ursprünglichen Text völlig neu illustrieren zu lassen, um diese bezaubernden Geschichten einer weiteren Generation von Leserinnen und Lesern zugänglich zu machen. Ich sage: »Ja, tun wir’s!«
An diesen Geschichten kann sich die ganze Familie erfreuen. Lesen Sie sie immer wieder – am Besten gemeinsam vor dem Einschlafen. Ich hoffe, dass diese Botschaften der Liebe, des Vertrauens und des Selbstbewusstseins nicht nur Ihre Kinder inspirieren, sondern auch Sie.
Wir sind alle Kinder des Universums, egal wie alt wir sind.
Also viel Spaß damit!
In Liebe, Louise L. Hay