Beschreibung
Dieser «Jenseitsroman» überrascht durch einen faszinierenden Reichtum an Phantasie. Kennen Sie diese Sehnsucht, die man zuweilen verspürt – eine unerklärliche Sehnsucht nach einer anderen, heileren Welt? Diese Sehnsucht wird in diesem Buch gestillt, und man kann sagen: «Ja, so könnte es sein. Wenn das Jenseits so ist, dann ist es sehr gut.»
Ein Leser berichtete uns, er habe nach der Lektüre dieses Buches komplett die Angst vor dem Tod verloren – welch ein Kompliment! Und ganz nebenbei wird man während der Lektüre dieses mystischen Romans bunter träumen. Probieren Sie es aus!
«Der Weg zum Himmel ist die Erfüllung der Pflichten der Erde.» (Johann Heinrich Pestalozzi)
Ein zu Herzen gehendes Buch für Jung und Alt – voller Weisheit. Ein Lebenstraum. Ein Diesseitstraum.
Jessy erwacht – drüben, im Jenseits. Nun muss sie sich in der neuen Welt zurecht finden: schweben lernen, ohne Uhren auskommen, Unarten ablegen, die Einsamkeit aushalten und vieles mehr.
Bald begegnet ihr Jim, und ihre Liebe zueinander erwacht schon früh. Doch bis zum großen Liebesblitz ist es ein langer Weg, voller Überraschungen, Prüfungen, Gefahren und Dramatik. Eifersucht, Streitlust und Luzis Geschwätz stiften immer wieder Verwirrung, und erschütternd ist auch der Gang in die düsteren Täler der verirrten Seelen.
Und doch lässt der Autor immer wieder den Schalk aus der Tasche, würzt das Ernste und Tiefgründige mit Leichtigkeit und Humor und zwinkert mit den Augen. Genau wie Schneuli, die weiße Schnee-Eule.
Persönliche Vorbemerkung des Autors zu «Jessy und Jim»:
«Den Anstoß, eine Jenseitsgeschichte zu erfinden, gaben mir vor sieben Jahren zwei meiner Enkelinnen. Nach meinem spontanen Erzählen baten sie mich, die Geschichte aufzuschreiben. Herausgekommen ist schließlich dieser mystische Roman. Zu Beginn hatte ich junge Leser im Auge, doch bald auch Erwachsene, die daran interessiert sein mögen, geistige Hintergründe zu entdecken und Symbole zu deuten. Dabei blieb ich beim anfänglichen, nach Farbigkeit trachtenden Schreibstil und lege daher mein Buch nun sowohl in die Hände von Erwachsenen als auch von Jugendlichen. So oder so wird mein Anliegen nicht verborgen bleiben: jenen geistigen Gesetzen nachzuspüren, die einem fruchtbaren und erfüllenden Leben zu Grunde liegen, gleichgültig, ob sich dies im Diesseits oder im Jenseits abspielt.» [Arthur Brühlmeier]
LESEPROBE
Aus Kapitel 7 (von 96)
[Nach dem Flugzeugabsturz, bei welchem Jim, sein Vater George und seine Mutter Lena ums Leben gekommen waren, wurde Jim nach seinem Erwachen im Jenseits den beiden Brüdern der Mutter, Samuel und Jakob, in Obhut gegeben. Lena ist deutlich später als Jim vom Eintrittsschlaf erwacht.]
Lena war hingerissen von dem freundlichen Empfang, den die Verwandten und Freunde ihr nach ihrem Erwachen bereitet hatten. Auf der Erde hatte sie sich stets damit gebrüstet, dass sie nicht an ein Weiterleben nach dem Sterben glaube, denn das seien Kindereien oder Träume von Phantasten. Sie brauche so etwas auch nicht, Schluss sei Schluss und tot sei tot. Vielleicht hatte sie damals ihren Standpunkt auch deshalb so entschieden behauptet, weil sie insgeheim ein schlechtes Gewissen hatte wegen der Art, wie sie lebte, und sich deshalb fürchtete, es könnte nach dem Tod so etwas wie ein Gerichtsverfahren geben. Auf einer Ägyptenreise hatte sie in einem Pharaonengrab auf einem Bild gesehen, wie nach dem Sterben das Herz gewogen wird. Es musste so leicht sein wie eine Feder. War es aber schwer von unguten Gedanken oder bösen Taten, senkte sich die Waagschale, und der Höllenhund nahm es in Empfang. Ihr schauderte vor der Vorstellung, dieses Biest könnte seine spitzen Zähne in ihr Fleisch schlagen und sie in Stücke zerreißen. Und nun, da es sich zeigte, dass man nach dem Sterben durchaus nicht tot war, fand sie es großartig, dass ihr nichts dergleichen widerfuhr, sondern dass sie unvorstellbar festlich empfangen wurde.
[…]
Samuel machte den Vorschlag, Lena möge einstweilen in seinen Palast kommen, bis sich für sie entscheide, wo sie wohnen werde. Jakob schloss sich der Gruppe an, und sie begaben sich auf den langen Weg, der zu Samuels Behausung führte.
Zuerst schritten sie schweigend nebeneinander her, doch nach einer Weile begann Lena das Gespräch: «Der Empfang war ja wirklich überwältigend, vielen Dank nochmals. Nur die Musik war nicht ganz nach meinem Geschmack. Ich habe zwar früher Violine gespielt, doch in der letzten Zeit hörte ich lieber Jazz. Irgendwie ist das rassiger als dieses Geigengesäusel.»
Samuel antwortete nicht, sondern verzog sein Gesicht zu einem kleinen Schmunzeln und blickte seinen Bruder an. «Und dass die Wildleberin unbedingt dabei sein musste, war nicht gerade geschmackvoll», fuhr Lena fort. «Es scheint, dass sie mich hier weiter ärgern will.»
«Das siehst du falsch», erwiderte Jakob, «sie ist dir wohl gesonnen und hat dir verziehen.»
«Mir musste die nichts verzeihen, sie war es, die mich immer schikaniert hat. Dass sie sich einmal genau dasselbe Kleid gekauft hat, bloß um mich zu ärgern, verzeihe ich ihr nie.»
«Solche Zänkereien haben hier im neuen Land keinen Platz, Lena», sprach darauf Samuel. «Wer dem anderen nicht verzeiht, schadet sich nur selber.»
«Du bist natürlich einmal mehr auf ihre Heucheleien hereingefallen», gab Lena giftig zurück, worauf die beiden Brüder schwiegen.
«Mama», sagte Jim nach einer Weile, «denk jetzt doch nicht immer an das Vergangene. Schau diese herrliche Landschaft, die Blumen, Bäume, Seen, Berge und Häuser! So etwas hast du gewiss drunten auf der Erde noch nie gesehen.»
«Jetzt guck dir mal diesen kleinen Gernegroß an!», rief Lena aus. «Jetzt will der mich auch noch belehren! Kinder wie du haben zu gehorchen, nicht zu kritisieren.»
«Und trotzdem hat Jim Recht», wandte Samuel ein, «und die lieblose Art, wie du sprichst, wird dich hier unglücklich machen.»
«Um mein Glück brauchst du dich nicht zu sorgen», entgegnete Lena heftig, «lass das meine Sache sein und wisch vor deiner eigenen Türe.»
Wieder gab es eine Pause und wieder fing Jim zu reden an: «Mama, ich habe hier noch niemanden so reden gehört, das passt nicht hierher, und mir tut es weh.»
«Du sollst den Mund halten! Das habe ich dir vorher schon gesagt», fuhr sie Jim unwirsch an und wandte sich dann an Samuel: «Du hast den Jungen schon in kurzer Zeit verwöhnt, darum ist er so frech.»
«Ich habe nichts Freches von ihm gehört», wehrte Samuel ab, «er ist ein ganz lieber Bub und macht gute Fortschritte.»
«Welche Fortschritte er macht, werde ich künftig bestimmen. Der hat nur immer Flausen im Kopf, und die werde ich ihm hier austreiben.»
Die Stimmung war auf den Nullpunkt gesunken. Niemand sagte mehr etwas, aber von Zeit zu Zeit blickten sich die beiden Brüder besorgt an, und Samuel, der Jim an der Hand führte, atmete dabei tief durch.
Aus Kapitel 26
[Jochen, der in seinem Erdendasein von seiner Mutter Elfriede mit in den Tod gerissen wurde, nachdem sie aus Verzweiflung ihren Gatten Horst vergiftet hatte, ist ganz von der Sehnsucht besessen, seine Mutter wieder zu finden. Bei seiner Fahrt auf dem Karussell, begleitet von Jessy, hat er die Karussellpferde derart angetrieben, dass sie lebendig wurden und ausrissen, um ihn durch die Lüfte in die Nähe seiner Mutter zu tragen …]
Jochen hatte seinen Fuchs während des ganzen Ritts über dem Boden und zwischen den Kronen der hohen Bäume mit der einen Hand wie ein Rasender angetrieben, während er mit der anderen Faust den Zügel von Jessys Schimmel festhielt. Wie sehr Jessy auch weinte und schrie und ihn beschwor, er möge bitte anhalten und umkehren – er hörte nichts und sah nichts und war vollkommen von der Gier besessen, endlich bei seiner Mutter zu sein.
Als das Haus, in welchem seine Mutter bei Lena Wohnrecht hatte, schon von Ferne erkennbar war, rief Jessy plötzlich: «Jochen, pass auf, dort drüben kommt jemand auf einem wilden Tier heran geritten!»
Doch Jochen tat weiter so, als hätte er nichts gehört.
«Sieh doch, das wilde Tier ist ein gewaltiger Wolf!»
Jochen reagierte immer noch nicht.
«Die Bestie ist fast so groß wie ein Pferd, und sie kommt immer näher! Sieh, ein kohlschwarzer Mann sitzt darauf!»
Endlich, als die beiden Ungeheuer schon ganz nahe waren, sah Jochen hin und schrie sofort laut auf vor Entsetzen: «Mein Vater! Fort, fort, mein Vater kommt! Er wird mich umbringen!» Er wollte die Pferde wenden, aber beide bockten und sanken wie versteinert hinab, und als sie den Boden berührten, verwandelten sie sich wieder in unbewegliche Karussellpferde. Auch der Wolf, der seinen Rachen weit aufgerissen hatte und gewaltige Zähne zeigte, erreichte den Boden, und der Mann stürmte zu Fuß auf die beiden Kinder zu, die noch immer auf ihren hölzernen Pferden saßen.
Jessy begann zu schreien, so laut, wie sie in ihrem ganzen Leben noch nie geschrien hatte, und hielt sich darauf hin beide Hände vors Gesicht, um die grauenhafte Gestalt des Mannes nicht sehen zu müssen. Alles an ihm war schwarz, sogar die Haut, und seine struppigen Haare standen vom unförmigen Kopf ab wie die schwarzen Stacheln eines Stachelschweins. Die Augen lagen in tiefen Höhlen, und gewaltige schwulstige Lippen leuchteten dunkelrot aus seinem finsteren Gesicht. Er schwang drohend seine geballten Fäuste, die eher Schmiedehämmern oder Eisenklumpen als Menschenhänden glichen, und schrie dann mit donnernder Stimme: «Zur Hölle mir dir, Jochen!»
«Ich will zur Mutter!», rief Jochen in äußerster Angst. «Mutter, Mutter, komm, hilf mir, der Vater bringt mich um!»
«Niemals lasse ich dich zu dieser Metze, eher schlage ich dich tot!», donnerte dieser und schritt drohend auf den Knaben zu. Derweil verharrte Jessy wie versteinert auf ihrem Schimmel und zitterte vor Angst.
Jochen sprang von seinem Pferd und wollte fliehen, aber der schwarze Mann war schneller und holte ihn schon nach wenigen Schritten ein. Mühelos erhaschte er ihn und hielt ihn mit eisernem Griff am Handgelenk fest. Dann schnarrte er: «Endlich hab ich dich, du Teufelsbraten! Von nun an wirst du wie ich nur noch Geheule hören und erfahren, was Dreinschlagen heißt.» Dann schritt er zurück zu seinem Riesenwolf und bemühte sich, den Knaben, der sich nach Kräften zur Wehr setzte, auf dem Rücken des Tiers mit einem Strick festzubinden.
Da begann Jessy wieder laut zu schreien: «Hilfe, Hilfe! Mutter, Ellen, so helft doch! O Gott, was soll ich bloß tun?»
In diesem Augenblick erschien ein Licht, hell wie ein Blitz, und der Engel Archas stand da in vollem Glanze.
Aus Kapitel 34
«O Himmel!», rief Jessy. «Wie das hier strahlt und schillert und glitzert! Gibt es sowas überhaupt?»
«Wie du siehst, gibt es das», erwiderte Jakob ruhig. «Die Mineralien, Kristalle und Edelsteine haben hier drüben eben einen ganz anderen Glanz als auf der Erde. Das kann man überhaupt nicht miteinander vergleichen. Bedenke auch, dass alles, was hier so leuchtet und funkelt, wirklich lebendig ist. Diese Mineralien zeigen ihr Leben dadurch, dass sie mehr oder weniger intensiv oder dann in einer anderen Farbe oder Farbkombination strahlen. Sie antworten auch auf unsere eigenen Gefühle. Sieh, hier, dieser große Bergkristall zum Beispiel, der scheint im Moment zu schlafen. Wenn ich aber mit den Fingern fein über seine Flächen streiche, verändert sich seine Farbe.»
Jakob fuhr mehrmals mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand über die vielen Flächen und Kanten der großen Kristallstufe, und tatsächlich begannen die einzelnen Kristalle mehr und mehr in einem wundervollen Blau zu leuchten. Dabei wurde deutlich, dass sie nicht fremdes Licht brachen oder widerspiegelten, sondern aus ihrem eigenen Inneren heraus strahlten.
Während sich Jessy und die beiden Onkel noch am meerblauen Bergkristall erfreuten, hatte sich Jim weggeschlichen, denn auf einem Tisch hatte er eine riesige halbkugelförmige Steinschale entdeckt, die ihn in ihren Bann zog und aus der Tausende sehr lange, feine Kristallnadeln emporragten. «Seht nur!», rief er voll Verwunderung. «Die färben sich alle rot!»
«Ein gutes Zeichen», meinte Jakob zufrieden. «Lass sehen, ob sich ihre Rötung noch steigern lässt. Komm, Jessy, fass deinen Jim an der Hand.»
Jessy, die längst gemerkt hatte, dass in diesem jenseitigen Land niemand seine Liebe zu verstecken brauchte, fasste Jim bei der Schulter und drückte ihn an sich. In diesem Moment leuchtete die ganze Kristallschale in einem tiefen Violettrot auf, und zwar so durchdringend, dass augenblicklich der ganze Raum von rotem Licht durchflutet war und Samuel sogar mit einer Hand die Augen abschirmte, um nicht geblendet zu werden.
«Ein wirklich gutes Zeichen», wiederholte Jakob, «denn dies ist ein Liebeskristall. Je stärker die Liebe im Herzen eines Menschen, der sich ihm nähert, desto freudiger antwortet er. Und wie ihr seht, wird er ganz närrisch, wenn zwei Verliebte bei ihm stehen.»
«Erzähl doch den beiden, wie du zu diesem seltenen Stück gekommen bist!», warf Samuel ein.
«Oh, das hat mich viel Arbeit gekostet. Wie lange es her ist, weiß ich nicht mehr so genau, da wir hier ja keine Uhren haben und auch keine Tage und Jahre zählen. Jedenfalls besuchte ich einmal eine Ausstellung von wohl zehntausend Kristallen und Edelsteinen. Auf einem erhöhten Tisch in einer Ecke des großen Raumes lag diese Schale. Ich war sehr verwundert, der Einzige zu sein, der bei ihr stehen blieb und sie bestaunte. Hinter dem Tisch stand ein Mann in einem schneeweißen Gewand, und als ich näher hinsah, spürte ich deutlich, dass es ein richtiger Engel war. Er sprach: ‹Wundere dich nicht, dass du allein hier stehst, denn niemand von allen anderen kann dies hier sehen. Du darfst diese Schale mit den Kristallen haben, aber ich bitte dich um einen Gegendienst: Von der Erde her ist das Gebet einer Frau zu uns gekommen. Ihr Mann hat sein ganzes Leben hindurch gottlos gelebt und liegt jetzt schon seit Wochen im Sterben. Und nun bittet uns die Frau, jemand möge sich die Mühe nehmen, ihm während seines Dahindösens und Träumens gute Gedanken einzuflößen, damit er sich noch vor seinem Ende bessere. Jakob, bitte sei so lieb und übernimm du diesen Auftrag.› Dabei sah mir der Engel so innig bittend in die Augen, dass ich auf keinen Fall nein sagen wollte.»