Gedanken von Rositta Virag dazu
Donald Trumps Angelobung und seine Rede danach hat mir viel zu denken gegeben und hat mich in der Folge betrübt. Doch nicht der Redeinhalt hat mich betrübt, sondern die Reaktion der meisten Journalisten der Welt darauf. Diese war sehr kühl, ablehnend. Sie waren enttäuscht, dass er bei seiner Rede wieder Wahlkampf machte, doch die Weltpolitik nicht – wie alle bisherigen Präsidenten – verbal neu definierte. Vielen war es zu wenig oder gefiel es nicht, dass er so deutlich die inneramerikanische Situation offenlegte und kaum Worte für eine neue Weltordnung einbrachte. Das ist eindeutig nicht seine Priorität. Er will im Inland aufräumen und Amerika wieder von innen her groß machen. Ist das so verkehrt?
"America first!" Das wird meines Erachtens nach vielfach falsch verstanden. Er sollte erklären warum er das sagt. Amerika ist so herunter gekommen in seiner Infrastruktur, seiner Sozialstruktur, seiner Arbeitssituation, dass da vieles nachgeholt werden muss, damit es dem Land und den Leuten wieder gut geht. Ich finde es wird dem Land gut tun, wenn es wieder auf seine eigenen Dinge schaut und diese in Ordnung bringt. Genauso wie Europa und alle anderen Länder auf ihre eigenen Belange schauen sollen und dafür Verantwortung übernehmen sollen. Dieses bisher gewohnte Packtieren, sich Absichern und einander die Schuld geben, kann ja nicht weiter funktionieren, muss ja scheitern. Es entsteht nur ein undurchdringlicher Sumpf dadurch.
Vielleicht ist das der Startschuss, dass sich durch Trumps Ansage und sein Vorgehen etwas ändert in der Welt. "Kehre zuerst vor der eigenen Haustüre! Und dann in deinem eigenen Haus. Damit bist du wohl genug beschäftigt. Und wenn das alles sauber und in Ordnung ist, hast du kein Interesse mehr auf andere zu schauen, denn du siehst den anderen mit neuen Augen und weißt, er ist genauso wie du."
Mir ist klar, dass diese eindeutigen und konfrontierenden Aussagen von Trump viele Menschen verunsichern. Die Gewohnheit ist in Gefahr zu bersten und wird bersten. Er will aufdecken und die Sümpfe heben. Und da will keiner der Involvierten (und wer ist das nicht?) etwas an die Oberfläche kommen lassen, was an Altem, Schmutzigem, Verwerflichem dort gut begraben ist. Das ist natürlich. Wer will schon so genau hinschauen und womöglich noch die Konsequenzen dafür tragen? Doch ist es andererseits nicht das beste für die USA? Und für alle Länder, die sich an ihr orientiert haben? Natürlich nicht lustig. Doch welchen Weg sonst gibt es zur Heilung unserer so kranken Welt? Noch mehr Bomben werden sie nicht heilen. Noch mehr Gift auch nicht. Vor der eigenen Türe kehren, das verstehe ich unter "America first."
Mir ist wohl auch bewusst, dass Donald Trump ein Mann der alten Schule, der alten Generation ist. Mir scheint, er hat ziemliche patriarchale Gewohnheiten. Wenn dem so ist, dann wird er alleine mit diesem Verhalten nicht durchkommen. Da sehe ich eine Gefahr. Die Zeiten haben sich geändert. Er braucht auch Weisheit und Geduld. Es wird nicht jeder nach seiner Pfeife tanzen und dazu auch nicht durch patriarchalen Donner gezwungen werden können. Das erzeugt Widerstand.
Aber wahrscheinlich wird dieser Widerstand am Ende gut sein. Gut ist es jedenfalls, dass jemand den Gordischen Knoten des so verflizten Establishments mit Vehemenz durchschlägt. Das wird alle durchrütteln. Ja. Doch kann unsere Welt, unser Bewusstsein, die Natur ohne dieses Aufrütteln der verkrusteten, schmutzigen, kranken Strukturen, ohne eine Reinigung, heilen? Ich glaube nicht. Wenn diese Reinigung vor der eigenen Haustür, im eigenen Haus, gelingt, dann ist viel – sehr viel – geschehen. Vielleicht regt dieses Vorgehen ja jeden einzelnen Menschen und jeden Staat selbst an, sich auf seine Wurzeln, auf sein Territorium zu besinnen und in seinem Bereich und Land Ordnung zu schaffen.
Ich sehe "America first" als kein egoistisches Paradigma, sondern als ein für alle heilsames.
Rositta Virag
22.1.2017